Was darf ich zur Demo mitbringen und was lasse ich besser zu Hause?

Die Wettervorhersage verheißt gutes Demo-Wetter – nicht zu heiß, nicht zu kalt. Es ist ja auch ein recht langer Weg von Plagwitz über das Stadtzentrum und durch den Leipziger Osten bis zum Wilhelm-Külz-Park. Und da wird mensch auch auf die Idee kommen, sich Proviant mit einzupacken. Daher hier ein paar Hinweise dazu: Nicht gestattet sind alkoholische Getränke sowie Glasflaschen und Getränkedosen. Plasteflaschen und Getränkekartons sind hingegen erlaubt. Angekündigt wurde uns auch, dass auf der Route gekaufte Getränke in Glasflaschen oder Dosen vollständig entleert werden müssen, bevor unsere Begleitenden in Uniform eine Rückkehr in den Demonstrationszug gestatten. Bei der Ankunft im Wilhelm-Külz-Park erwartet euch ein Getränke- und Snackverkauf – am besten ihr spart euch Hunger und Durst bis dahin auf! Im Park habt ihr auch die Möglichkeit, am GSO-Infostand den Becherpfand zu Gunsten von Geflüchteten bzw. der Leipziger Refugees Welcome – Gruppe zu spenden.

Bitte tragt zur Demo keine Schals oder sonstige Dinge, die zur Vermummung geeignet sind. Bei anderen Veranstaltungen wurden auch schon Modeassesoirs beschlagnahmt, die sich möglicherweise über das Gesicht ziehen lassen. Da es bei der GSO laut zugeht, bitten wir euch, Hunde, Papagein und sonstige Haustiere nicht mitzubringen. Fahrräder schließt besser irgendwo fest, da ihr diese nur auf dem Fußweg oder ganz am Ende vom Demonstrationszug schieben dürft. Für alle Fälle solltet ihr euren Ausweis oder Pass einstecken – ihr seid bei einer Demo und da hat die Macht in bestimmten Situation das Recht, eure Personalien zu überprüfen.

Unbedingt zu Hause lassen solltet ihr schlechte Laune. Die GSO steht für einen lauten, bunten und vor allem friedlichen Aktionstag!

Lasst die Fahnen bitte zu Hause!

„Und wenn alles vorüber ist – ; wenn sich das alles totgelaufen hat: der Hordenwahnsinn, die Wonne, in Massen aufzutreten, in Massen zu brüllen und in Gruppen Fahnen zu schwenken, wenn diese Zeitkrankheit vergangen ist, die die niedrigen Eigenschaften des Menschen zu guten umlügt..“

(aus: Kurt Tucholsky – „Über die Zukunft“)

Aus aktuellem Anlass möchten wir alle Teilnehmenden der GSO 2014 bitten, ihre Fußball-Fanartikel sowie Nationalfahnen (egal welche) nicht mit zur Demonstration zu bringen. Warum? Länderflaggen symbolisieren die Zugehörigkeit zu einer Nation bzw. einem Volk, was zwangsläufig auch den Ausschluss aller anderen impliziert, die eben nicht zu jener Nation oder jenem Volk gehören. Dabei sind Nationalstaaten ebenso wie der Volksbegriff politische Konstrukte. Symbolisch stehen sie für eine Mentalität der Aus- und Abgrenzung, nicht für ein solidarisches Miteinander der Menschen. Hautfarbe und Pass dürfen nicht darüber entscheiden, wie wir miteinander leben, mit wem wir gemeinsam feiern!

Aus anderen Gründen möchten wir Euch auch bitten, sämtliche Wahlwerbung trotz der Ende August anstehenden Wahl des Sächsischen Landtages während der Demonstration zu unterlassen. Ausgenommen davon sind Wahlplakate oder ähnliches, die im Namen einer politischen Gruppierung zur Solidarität mit Geflüchteten aufrufen.

Unsere OrdnerInnen werden diejenigen, die unserer Bitte nicht nachkommen, darauf ansprechen und ggf. dazu auffordern, die fraglichen Symbole wegzupacken oder die Demonstration zu verlassen.

Flimmerstunde: Zwei Filme zum inhaltlichen Schwerpunkt der GSO 2014

Erstmals haben wir ins Programm der Global Space Odyssey zwei Filme eingebaut, die zwischen dem Demoausklang auf der Wiese und der Aftershow-Party in den Clubs eine Gelegenheit geben, inne zu halten, Beine zu schonen und stattdessen den Kopf arbeiten zu lassen. Einlass wird in beiden Locations ab ca. 21.30 Uhr sein – die Filmvorführungen beginnen dann um 22 Uhr.

In der Distillery präsentieren wir den Film „Deutschland is a Good Country“ (86min, Libellulafilm) in Anwesenheit des in Leipzig wohnenden Produzenten Robert Jahn. Der Film, den er gemeinsam mit der aus Italien stammenden Kamerafrau Nina Mair drehte, porträtiert vier Einzelschicksale, die alle mit dem – auch von Leipzig aus geführten Krieg – in Afghanistan zusammenhängen. Gegenübergestellt werden dabei auf der einen Seite nach Deutschland geflüchtete junge Menschen aus Afghanistan und die Angehörigen von auf Hindukusch eingesetzten Soldaten der Bundeswehr. Während die einen in Leipzig Schutz für ihr Leben suchen, riskieren andere dieses, in dem sie in den Krieg ziehen. Ein Film voller Widersprüche, der sicherlich viel Anregung für Diskussion geben wird.

Den zweiten Film „Abschiebung im Morgengrauen“ (44min, NDR) zeigen wir im Elipamanoke. Der mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Film thematisiert, was in Deutschland leider nach wie vor gängige Praxis ist. Menschen, die hier eine neue Heimat gefunden haben, werden nach vielen Jahren unvorbereitet in ihre Herkunftsländer zurückverfrachtet, zu denen sie keinerlei Bezug mehr haben. Michael Richter gelang es, mit der Kamera die Arbeit der Hamburger Ausländerbehörde zu begleiten und den Alltag im „Abschnitt für Rückführungsangelegenheiten“ (sic!) zu filmen. Warum deren Einsätze vorzugsweise im Morgengrauen erfolgen, erschließt sich beim Ansehen des Films rasch.

Weitere Informationen:

Deutschland is a Good Country: Facebook-Seite zum Film (https://www.facebook.com/goodcountryfilm)

Abschiebung im Morgengrauen: taz-Interview mit dem Produzenten (http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2006/03/16/a0272)

Änderung bei der Aftershow

Leider hat uns vor wenigen Tagen die Nachricht ereilt, dass aus technischen Gründen keine GSO-Aftershow im VILLAkeller stattfinden kann. Für den von exLEpäng kuratierten TechHouse-Floor haben wir inzwischen eine Ersatz-Location gefunden. Welche das ist, geben wir spätestens am 12.07.2014 bekannt. Für den ebenfalls ursprünglich in der VILLA geplanten GothicPogo-Floor konnten wir leider keinen geeigneten Ersatz finden. Die Crew gestaltet aber auch einen Wagen zur Demo, auf dem dafür doppelt so sehr gerockt wird. Als Ersatz gibt es zur Aftershow aber noch einen weiteren Floor, musikalisch gestaltet von der „Crew Ohne Namen“, bei dem vornehmlich HipHop gespielt werden wird. Auch diese im Leipziger Süden gelegene Location werden wir erst kurzfristig bekannt geben. Alle Infos haben wir auch auf unserer Website im Menüpunkt Aftershow aktualisiert.

Ansichtssache: Du bist überflüssig!? Was die kapitalistische “Religion” mit den Ertrunkenen vor Lampedusa zu tun hat

Die Erde ist ein kapitalistischer Planet, der zusehends einer Osterinsel gleicht. Seine BewohnerInnen halten sich mehrheitlich für die Krone der „Schöpfung“ und „ihre“ kapitalistische Gesellschaft für die beste aller möglichen Welten. Von allen Seiten heißt es: „Der Mensch“ ist ein kapitalistisches Tier bzw. eben eine entsprechende Halbgöttin.

Entgegen jeder Vernunft hat sich die „Menschheit“, welche bisher nur dem Namen nach existiert, tatkräftig zu einer gewaltigen Kapitalismus-Sekte verschworen: Ein Kult ohne Führer, doch mit eindeutig suizidalen Zügen. „Sie wissen das nicht, aber sie tun es.“

Wer am allseits beschworenen Dogma des kapitalistischen Koste-es-was-es-wolle-Wirtschaftswachstum-um-jeden-Preis seine kritischen Zweifel anmeldet, wird leichtfertig zur utopischen Ketzerin erklärt und im besten Fall müde belächelt; in freieren Teilen des Weltmarktes warten auf die Skeptiker die verführerisch glitzernden Vergnügungsparks der Kulturindustrie, in den Elendsregionen und Unstaaten der Tod durch Arbeit(slager) bzw. Arbeitslosigkeit.

Allseits ist der Kapitalkult unermüdlich damit beschäftigt „Vollbeschäftigung“ schaffen zu wollen bzw. zu fordern: „Arbeit für alle!“ heißt das Mantra von „links“ bis „rechts“, welches in allen Klangfarben des politischen Spektrums ertönt, so als ob es den meisten tatsächlich ums Arbeiten „an sich“ und nicht vor allem „ums Geld“ ginge.

„Arbeit“, „Ware“, „Wert“ und „Geld“ sind dabei für die mehrheitlich geistig frühvergreisten Jünger einer Welt der – um Marktanteile konkurrierenden – Nationalstaaten und „Wirtschaftsstandorte“ völlig selbstverständliche „Dinge“, also quasi „natürlich“. Genauso selbstverständlich denkt man in den Kategorien von „Volkswirtschaften“: Wer aber „Volk“ sein und damit immer das „Nicht-Volk“ ausschließen will, hat sich von der Idee einer freien und solidarischen Menschheit schon lange verabschiedet: „Volk“ reimt sich auf völkisch, wie kapitalistische Konkurrenz auf Krisen-Kannibalismus.

Ja, der Kapitalismus ist – Achtung: funky Vergleich! – eine primitive Religion, deren Glaubenssätze um das große Nichts kreisen: den „Wert“ und seine Schöpfung. (An dieser Stelle wäre es u.a. ratsam die Suchmaschine etwa nach dem Marx’schen Begriff der „abstrakten Arbeit“ zu befragen…)

Die kapitalistische Religion und ihre Denkmuster jedenfalls sind mittlerweile so verinnerlicht, dass es kaum noch gesonderte Vorbeter braucht: das „ARBEIT UNSER!“ spult sich tagtäglich quasi automatisch ab, die Tausch- und Ausbeutungs-Mechanismen der Weltmärkte laufen wie geschmiert und an allen Ecken und Hirnrinden wuchern zu allem Überfluss die entsprechend menschenverachtenden Ideologien – „notwendig falsches Bewußtsein“ (Theodor W. Adorno). Der tägliche Massenmord ist währenddessen Routine und nicht mal mehr ein Achselzucken wert: Schuldzusammenhang in YOLOstan?!

Der abstumpfende Wirtschaftskampf um den Platz an Sonne wird dementsprechend auf allen Ebenen ausgefochten und selbst das hinterletzte Dorf ist von der konkurrenz-kapitalistischen Standortlogik durchtränkt. Die massenhafte Selbstversklavung der Menschen bedarf überdies kaum noch der Peitschenhiebe.

Im volkswirtschaftlichen Vollrausch stählt man bereitwillig seinen kaufkräftigen Ellenbogen in den Fitnessstudios der geistigen Verelendung. Und die volksverzauberten Zauberlehrlinge tanzen munter um den Marterpfahl ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit und beschwören arbeitseifrig die magischen Formeln einer Weltwirtschaft, über die sie längst die Kontrolle verloren haben. (Wer in diesem Kontext nun beim Wort „Fetischismus“ nur an Lack und Leder denken muss, sollte bei Bedarf einen Blick in das Hauptwerk des bärtigsten aller Kapitalismuskritiker werfen.)

Da nun aber das Phantasma vom krisenfreien Kapitalismus, wie das jüngste Blasenplatzen vor Augen führt, ein höhnischer Widerspruch in sich und mit einem radikalen Bewusstseinswandel zeitnah schwerlich zu rechnen ist, werden sich wohl leider auch in Zukunft verheerende Krisen gewaltsam entladen. Vor diesem Hintergrund lassen sich Menschen, die nichts mehr fürchten als die „Vernichtung (!) von Arbeitsplätzen“, in ihrer luxusproblematischen Sorglosigkeit fast schon beneiden …

Im Zweifels- und Krisenfall aber kuschelt sich die erkaltete Masse – die „lonely crowd“ (Adorno) – in Deutschland besonders gern in den blutdurchtränkten Mantel des „Volkes“. Man weiß sich einig im heroischen Kampf gegen „die Heuschrecken“, „die Blutsauger“ und „die da oben.“ Vor allem wettert man gegen „die Spekulanten“, während der „kleine Mann“ selbstgefällig aber zähnefletschenderweise im Wett(!)bewerb schon auf die nächste Schnäppchenjagd spekuliert (!).

Und besonders spektakulär im schlechtesten Sinne wird es, wenn sich die Mehrheit als „die da unten“ sieht, denn dann ist für „Andere“, „Fremde“ und „Ausländer“ erst recht kein Platz mehr am heimeligen Volkslagerfeuer: Wenn die (klein)bürgerliche Abstiegsangst regiert, wird aus der ach so pazifistisch nach oben gereckten Peace-Zeichen-Faust heutzutage schnell der geschickt um sich geschwungene Ellenbogen im rastlosen Rudern um die besten Plätze, – »Das Boot ist voll, was kümmern mich die Wasserleichen vor Lampedusa!? Wir sind das deutsche Volk, ahoi!«, krakeelt es dann aus dem von geistigen Gartenzwergen bewachten nationalen Maschinenraum, der sich mit den Kommandobrücken allzu einig weiß.

Das giftige Gemisch aus polit-ökonomischem Fetischismus, blinder Volkswut, Resignation(-alismus) und kapitalistischem Standortdenken ist vom globalen Massensterben(lassen) dabei nicht zu trennen, sondern vielmehr dessen Grundlage. Nach wie vor wüten Chauvinismus, Antisemitismus und (Nützlichkeits-)Rassismus quer durch alle Gesellschaftsschichten. Menschenhassende Ideologien sind die logische Kehrseite einer massenhaft unverstandenen – und daher sich weiter verselbständigenden – Wirtschaftsweise, welche statt Elend, Armut, Mangel, Krankheit und Verzweiflung zu überwinden, Tag für Tag Millionen von Menschen überflüssig macht und für die nur die Kaufkraft – nicht etwa die Grundbedürftigkeit – als „systemrelevant“ gilt.

Ein erster Schritt hin zu Freiheit und Mündigkeit wäre bei alldem nun endlich mit dem selbstgerechten Beten aufzuhören und mit dem Denken anzufangen. Für emanzipatorische Kritik ist nichts selbstverständlich und auch Karl Marx kein unfehlbarer Prophet.

Letztgenannter aber schrieb einst, dass man die „versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen (muss), dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!“; und dass es darum ginge, „den Deutschen keinen Augenblick der Selbsttäuschung und der Resignation zu gönnen“. So weit, so bedenkenswert!

Thorsten